Herausforderungen

Bis 2035 werden in Deutschland rund 11.000 Hausarztstellen unbesetzt sein, fast 40 Prozent der Landkreise werden unterversorgt oder von Unterversorgung bedroht sein, so geht es aus einer aktuellen Studie der Robert Bosch Stiftung hervor. Die Studie zeigt erstmals, welche Landkreise und Regionen vom Hausarztmangel am stärksten betroffen sein werden. Als Lösungsvorschlag will die Robert Bosch Stiftung den Aufbau von Gesundheitszentren fördern. Hier hat die aktuelle Pandemie exemplarisch gezeigt, wie wichtig eine stabile flächendeckende Primärversorgung ist. In den kommenden Jahren scheiden bundesweit rund 50 Prozent aller Allgemeinmediziner (d.h. Hausärzte) aus dem Berufsleben aus. Bereits heute sind etwa 5.000 hausärztliche Kassenarztsitze dauerhaft aufgrund fehlenden Nachwuchses unbesetzbar. Dies bedeutet, dass In den kommenden zehn Jahren nur 50 Prozent der Ärzte für eine 1:1-Nachbesetzung zur Verfügung stehen. Auf dem Lande sind es gar nur rd. 20 Prozent. Daraus folgt, dass nur jede 3. bis 5. Gemeinde im ländlichen Raum in Zukunft eine Hausarztpraxis aufrechterhalten kann. Die Kommunen stehen um die zu knappe Ressource "Hausarzt" im Wettbewerb untereinander. Eine wohnortnahe hausärztliche Grundversorgung wird vielerorts nicht länger zu gewährleisten sein. Eine steigende Entfernung zur nächstgelegenen Hausarztpraxis wird die Folge sein und dies vor dem Hintergrund einer immer älter werdenden Bevölkerung. Die junge Ärztegeneration fordert geregelte Arbeitszeiten, die Vereinbarung von Beruf und Familie, das Arbeiten im ärztlichen Team, sowie die Möglichkeit der Teilzeit. Ein Einzelkämpferdasein in einer Ein-Mann-Arztpraxis können sich nur wenige vorstellen. Effizientere und größere Einheiten mit delegativen Strukturen sind erforderlich. Solche Mehrbehandlerpraxen werden in Zukunft die hausärztliche Versorgung eines größeren Einzugsgebiets leisten (müssen).

Anforderungen der Generation Y

Als „Generation Y“ wird allgemein die Bevölkerungskohorte der Geburtsjahrgänge 1980 bis 2000 bezeichnet. Sprechen wir vom Hausärztemangel in Deutschland sind sie die zentralen künftigen Nachrücker-Ärzte bis etwa zum Jahr 2030. Die Generation Y will zum überwiegenden Teil bzw. fast ausschließlich (zunächst) im Rahmen eines Angestelltenverhältnisses mit geregelten Arbeitszeiten tätig sein. Ärztinnen bevorzugen zudem eher Teilzeittätigkeiten. Die Mehrheit der angestellten Ärzte im ambulanten Bereich arbeitet heutzutage im Schnitt 28 Wochenstunden. Eine Einzelpraxis mit einer Arbeitsbelastung von bis zu 60 Wochenarbeitsstunden oder mehr wirkt da eher abschreckend. Die steigende Anzahl weiblicher Medizinstudenten verschärft diesen Umstand. Eine Praxisübernahme ist damit regelmäßig erst für eine spätere Berufs- und Lebensphase vorstellbar. Damit ist die Einzelpraxis auch aus dieser Perspektive ein Auslaufmodell und die Notwendigkeit einer Transformation in Richtung Mehrbehandlerpraxen aufgezeigt.

Lösungen Politk

Von den 17 Kassenärztlichen Vereinigungen ist eine Beteiligung von Kommunen z.B. an einem MVZ in Form einer GmbH oder sogar eines Eigenbetriebs bundesweit seit 2015 rechtlich möglich. Derzeit existieren bereits in zahlreichen Bundesländern erste kommunale Medizinische Versorgungszentren. Mit Stand 6/2022 gab es bundesweit 23 kommunale MVZ mit insgesamt über 50 Filialpraxen. Tendenz steigend. Die Handlungsbefugnis der Kommune ist zudem jedoch abhängig vom jeweiligen Bundesland und teilweise sogar vom Landkreis. Hier sind die Einstellungen zu einer formalen Beteiligung von Kommunen z.B. an einem MVZ noch unterschiedlich. Der aktuelle Koalitionsvertrag nimmt zu dieser Entwicklung eindeutig Stellung. So heißt es darin auszugsweise: „[…]die Gründung von kommunal getragenen Medizinischen Versorgungszentren und deren Zweigpraxen erleichtern wir und bauen bürokratische Hürden ab […]“. Diese positive und unterstützende Entwicklung wird sich in den kommenden Jahren bundesweit fortsetzen. Im Jahr 2030 wird es Branchenexperten zufolge rd. 100 solcher Versorgungsformen in Deutschland geben - Filialpraxen nicht mit eingeschlossen.

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