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Vom stillen Abgang von Hausärzten in Mittelstädten

Bekannt ist ja, dass es beim Hausarztmangel in der (noch laufenden) „Ersten Welle“ vordringlich die Kommunen auf dem Lande mit regelmäßig weniger als 7.000 bis etwa 8.000 Einwohner trifft. Ortsteile von z.B. Verbandsgemeinden, Samtgemeinden usw. dabei miteingeschlossen. Das liegt zum einen daran, dass neben den allbekannten Problemen und Anforderungen der Generation Y gerade in kleineren ländlichen Ortschaften überwiegend die von den Nachfolgeärzten ungeliebten Einzelpraxen bestehen. Zum anderen fällt natürlich bei der geringen Zahl von praktizierenden Hausärzten in den jeweiligen kleinen Kommunen jede (geplante) Zurruhesetzung nicht nur auf, sondern erhöht auch deutlich den Patientendruck auf die verbleibenden Ärzte, Aufnahmestopps sind dabei nichts Ungewöhnliches mehr.

Kommunen dieser Größenordnung haben allerdings gegenüber größeren Kommunen meist einen deutlichen Vorteil. Es bestehen häufig persönliche direkte Kontakte beispielsweise zwischen Funktionsträgern der Kommunalspitze oder Mitarbeitern der Rathäuser und den einzelnen Ärzten. Eine geplante Zurruhesetzung wird durch diese informellen Kontakte häufig frühzeitig bekannt und gibt der Kommune die Möglichkeit bei der Nachfolger-Suche zu unterstützen. (Lesen Sie auch: Immer mehr Land-Apotheken müssen schließen)

Landgemeinden haben einen Zeitvorsprung

Altersverteilung bundesweit niedergelassener Hausärzte.

Anders sieht es hingegen aus, wenn die betreffende Gebietskörperschaft – die Landkreise bleiben hier vollkommen außer Betracht – einwohner- und auch flächenmäßig größer sind (Mittelstädte). Da werden die Zahlen einerseits deutlich zweistellig, andererseits ändern sich auch schnell die täglichen Arbeitsinhalte und -methoden der Verantwortlichen. War es dort der „Macher“, so fokussiert sich das Handeln der Stadtoberen (Gemeindeoberen in einigen Bundesländern) eher auf ein moderieren und delegieren. Der „Unterbau“ ist auch von etwa 10 bis 25 Mitarbeitern schnell auf 50, 70 oder auch über 90 angewachsen. Es wird vieles dann auch nur noch „politisch begleitet“.

Das Thema Hausärzte ist bei solchen Größen nicht nur viel weiter weg sondern auch – aus der Historie betrachtet – unbedeutender. Zudem muss man sich häufig vordringlich um den „Verbleib“ eines Krankenhauses am Ort kümmern (Stichwort: IGES-Studie 2019 im Auftrag der Bertelsmann Stiftung). Die Liste an Fachärzten am Ort meist ellenlang. Man wiegt sich beim Thema „Hausärztemangel“ in Sicherheit: Das trifft nur die Kommunen „auf dem Lande“. Nebenbei bemerkt: Aus Sicht einer Großstadt sind auch diese Mittelstädte schon „auf dem Lande“. Selbst tauscht man sich nur z.B. als Oberbürgermeister zuweilen mit seinem eigenen Haus- oder Facharzt hin und wieder dazu aus. Zudem gibt es in größeren Kommunen häufiger Gemeinschaftspraxen, Ärztehäuser und MVZ. All dieses überlagert die heraufziehende Herausforderung. (Lesen Sie auch: Der alte Arzt hat ausgedient)

Im Jahr 2030 wird es schätzungsweise 10.000 unbesetzbare Hausarztsitze geben
Alter aderniedergelassenen steigt stetig

Die große Welle der Abgeber-Ärzte steht uns noch bevor. Das Durchschnittsalter der niedergelassenen Ärzte steigt zunehmend. Die oben stehende Grafik kann auf das Bundesgebiet übertragen werden.

Das Anlegen und Nachhalten einer Evidenzliste für Haus- und Fachärzte ist auch keine Pflichtaufgabe von Mittelstädten. Wer sollte sich da auch darum kümmern? Man ist auch geübter auf „höhere“ auswärtige (politische) Zuständigkeiten zu verweisen. Man muss auch nicht mehr „selbst Hand anlegen“. Der gewählte Typus von Stadträten ist meist auch ein anderer: Vertreter von Interessengruppen beginnen gegenüber dem bürgernahen Nachbarschafts-Gemeinderat zu überwiegen.

Damit kann es schnell passieren, dass die – versorgungstechnisch negative – demographische Entwicklung der Hausärzteschaft in Mittelstädten aus dem Blickwinkel gerät. Denn: Spätestens in den nächsten drei bis sieben Jahren wird die „Zweite Welle“ des Hausärztemangels auch dort sichtbar: Statt 41 Hausärzten sind es dann binnen kurzem nur mehr 28 in der Stadt. Ob dann dort genauso schnell reagiert wird wie mittlerweile häufig „auf dem Lande“? Ziehen diese Landgemeinden nicht schon pfiffig, hausärztliche Kapazitäten mittels Filialpraxen in ihren Orten ab?

Hier geht es zur Studie: Lösung des Ärztemangels: Zahlen, Daten & Fakten. Eine Grundlagendarstellung.