Kommunale MVZ
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Erfolgsmodell Medizinisches Versorgungszentrum

Erfolgsmodell Medizinisches Versorgungszentrum / kommunale Medizinische Versorgungszentren auf dem Vormarsch

Erfolgsmodell Medizinisches Versorgungszentrum / kommunale Medizinische Versorgungszentren auf dem Vormarsch

Die Einzelpraxis wird zum Ausnahmefall

Bis in die 1990er Jahre hinein war die Einzelpraxis die absolut dominierende Praxisform. Die Zahl der Gemeinschaftspraxen stieg nur langsam. Mit Beginn des neuen Jahrtausends wurde die Idee einer zentrenbasierten und fachübergreifenden ambulanten Versorgung in der Bundesrepublik aufgegriffen. Bis zur Wiedervereinigung waren in der DDR sogenannte Polikliniken die überwiegende Organisationsform von niedergelassenen Fachärzten. 2004 hielt diese Organisationsform schließlich in Form der Medizinischen Versorgungszentren (MVZ) Einzug in das Sozialgesetzbuch. 2019 zählen wir über 2.500 MVZ und knapp 20.000 Gemeinschaftspraxen. Mit der Möglichkeit ihrer Gründung stieg die Zahl der Medizinischen Versorgungszentren seit 2004 rasant. Mittlerweile sind sie fester Bestandteil der vertragsärztlichen Versorgung, derzeit versorgen mehr als 16.000 Ärzte in Medizinischen Versorgungszentren ihre Patienten.

Quelle: Kassenärztliche Bundesvereinigung

Gründungsberechtigt sind zugelassene Ärzte, Plankrankenhäuser, Erbringer nichtärztlicher Dialyseleistungen und gemeinnützige Träger, die aufgrund von Zulassung oder Ermächtigung an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmen. Seit 2015 können nun auch Kommunen – sprich Gemeinden, Städte und Landkreise – ein Medizinisches Versorgungszentrum gründen. Darüber hinaus können MVZ seitdem auch fachgleich betrieben werden.

Mit dem GKV-Versorgungsstärkungsgesetz (GKV-VSG) hat der Gesetzgeber 2015 eine der bisher wichtigsten Eigenschaften von MVZ gekippt. Eine fachübergreifende Tätigkeit ist nun nicht mehr notwendig, sodass sich mehr und mehr fachgleiche MVZ, wie z.B. reine Hausarzt-MVZ, etablieren können. Dies ist vor allem im Hinblick auf den Landarztmangel sehr begrüßenswert aber auch erforderlich. Auch reine zahnärztliche MVZ waren eine Folge dieser Gesetzesänderung.

Zusätzlich wurde mit dem GKV-VSG auch Kommunen die Möglichkeit gegeben, als Gründer und Betreiber von MVZ aufzutreten. Mit erkennbar steigender Tendenz steigt die Anzahl solcher MVZ, die sich ganz oder teilweise in kommunaler Hand befinden. Schätzungsweise wird es im Jahr 2030 rd. 1.000 solcher MVZ geben. Wenngleich es derzeit erst rund ein Dutzend solcher kommunaler MVZ (kMVZ) gibt, liegt die Anzahl derer die sich derzeit in der Gründungsphase befinden, weitaus höher. Ernsthafte Schätzungen müssen bundesweit von circa 60 in Planung befindlichen kMVZ zum Jahreswechsel 2018/19 ausgehen. Vor dem Hintergrund einer durchschnittlichen Planungs- und Gründungsdauer von zwei bis fünf Jahren ist dies nicht verwunderlich. (Lesen Sie auch: kommunale Medizinische Versorgungszentren auf dem Vormarsch)

Erfolgsmodell Medizinisches Versorgungszentrum

Seit deren Zulassung im Sommer 2004 steigt die Zahl der an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Medizinischen Versorgungszentren kontinuierlich. Waren es im Jahr der Gesetzesänderung 17 MVZ (2004), sprechen wir heute von knapp 2.900 MVZ. Bei der Wahl der Rechtsform dominiert mittlerweile die GmbH. Hausärzte repräsentieren die häufigste in Medizinischen Versorgungszentren anzutreffende Fachgruppe (rd. 2.500 im Jahr 2018), gefolgt von Internisten, Chirurgen, Frauenärzten und Orthopäden.

Die rasant steigenden Zahlen der existierenden MVZ sind auch auf deren Beliebtheit bei jungen Ärzten zurückzuführen. Hintergrund ist die Möglichkeit, die Tätigkeit als Arzt nunmehr als Angestellter in Teil- oder Vollzeit auszuüben. Umfragen unter Medizinstudenten, sowie kürzlich ausgebildeten Ärzten, lassen erkennen, dass dieser Trend bzw. besser formuliert diese Transformation im Bereich der Praxisformen weiter fortschreiten wird. Die Anstellung von Ärzten ist zwar auch in anderen Praxisformen möglich, wird jedoch durch den Bundesmantelvertrag (BMV) für Ärzte auf drei Vollzeitärzte oder eine entsprechende Zahl an Teilzeitärzten je anstellendem Arzt beschränkt. Damit sind Gemeinschaftspraxen, vor allem aber Inhabern von Einzelpraxen enge Grenzen für eine Anstellung gesetzt.

Das Angestelltsein, die berufliche Flexibilität, sowie die Möglichkeit der Arbeit in Teilzeit sind – um nur drei Forderungen der ärztlichen Nachwuchsgeneration zu nennen – zunehmend entscheidendere Kriterien bei der späteren Praxiswahl. Im Jahr 2018 arbeiteten über 16.000 Ärzte im Angestelltenverhältnis in einem MVZ. Die Zahl der freiberuflich tätigen Mediziner in MVZ war mit rd. 1500 Ärzten demgegenüber sehr gering. Im Durchschnitt arbeiteten 2018 in einem MVZ 6,4 Ärzte bzw. Ärztinnen. (Lesen Sie auch: Ärztemangel – Die Verteilung ist das Problem)

Die Entwicklung im Bereich der MVZ verschärfte gleichzeitig die Situation hinsichtlich der ärztlichen Versorgung auf dem Lande. Der rasante Anstieg der MVZ-Gründungen ging in erster Linie in städtischen- und großstädtischen Regionen vor sich, gefolgt von mittleren Ballungsgebieten mit Klinikstandorten. So existieren bundesweit nur knapp 14 % der 2.900 MVZ in ländlichen Regionen. Eine Zahl, die bis 2025 erheblich steigen wird, setzt doch die MVZ-Gründungsphase auf dem Lande zeitversetzt und seit 2015 durch Kommunen angestoßen erst jetzt ein. Ein Großteil der prognostizierten 1.000 MVZ in kommunaler Hand werden dabei auf dem Lande gegründet werden.

Hier geht es zur Studie: Lösung des Ärztemangels: Zahlen, Daten & Fakten. Eine Grundlagendarstellung.