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Kommunale Medizinische Versorgungszentren (kMVZ) auf dem Vormarsch

Kommunale Medizinische Versorgungszentren

Kommunale Medizinische Versorgungszentren

Ärztemangel: Die Ambulante medizinische Versorgung soll durch kommunale Beteiligung von Medizinischen Versorgungszentren im ländlichen Raum sichergestellt werden.

Bundesweit gibt es immer mehr Kommunen, die das Problem des Landarztmangels erkennen. Spätestens dann, wenn die Schließung einer Einzelpraxis oder der Rückzug einer Apotheke absehbar werden, hat der häufig diskutierte Ärztemangel die eigene Gemeinde oder Stadt erreicht. Diese Entwicklung vollzieht sich in einigen Regionen bereits seit etlichen Jahren.

In den vergangenen Jahrzehnten stand die ärztliche Bedarfsplanung nachvollziehbar nicht auf der kommunalen Agenda, gab es doch ausreichend Nachwuchsmediziner. Die Verteilung der vorhandenen Ärzte erfolgte nahezu automatisch über die Kassenärztlichen Vereinigungen (KVen) der jeweiligen Länder. Diese Situation hat sich innerhalb des vergangenen Jahrzehnts grundlegend geändert: Es stehen für eine automatische Verteilung durch die KVen zu wenige Ärzte zur Verfügung. Was nicht vorhanden ist, kann auch nicht verteilt werden. Allein heute fehlen bundesweit über 10.000 Allgemeinmediziner.

Auch die Bundesregierung hat diese Entwicklung im November 2016 in ihrem Siebten Altenbericht nochmals deutlich unterstrichen. Es ist erfahrungsgemäß davon auszugehen, dass der Bundestag dieser Empfehlung folgen wird und die Verantwortlichkeit hinsichtlich der ärztlichen Versorgung gleichberechtigt den Kassenärztlichen Vereinigungen und den Kommunen übertragen wird. Noch Ende 2018 soll ein vom Bayerischen Ministerium für Gesundheit und Pflege in Auftrag gegebenes Gutachten zum Aufbau kommunaler Medizinischer Versorgungszentren als Lösungsansatz gegen den Ärztemangel veröffentlicht werden. Mit dieser Entwicklung ist deutlich erkennbar, dass die Verantwortung hinsichtlich der ärztlichen Versorgung mittelfristig auch den Kommunen übertragen wird. Der Vorstoß des Gesundheitsministeriums signalisiert jedoch nicht nur Rückendeckung für die bayerischen Kommunen: Durch Absprache mit dem bayerischen Innenministerium werden die Hürden für ein kommunales Tätigwerden wohl gesenkt werden. Derzeit warten zahlreiche bayerische Kommunen auf solch ein Signal, denn in den letzten Jahren haben nicht wenige Gemeinden und Städte aufgrund der Kommunalaufsicht derartige Projekte vermieden (Stichwort kommunale Initiative).

Mehr Effizienz als Lösung für den Landarztmangel

Durch die kommunalen MVZ sollen auch im ländlichen Bereich größere und damit effizientere Strukturen ermöglicht werden. Bislang sind hausärztliche Landarztpraxen überwiegend Einzelpraxen. Diese können aufgrund ihrer Struktur, ihres Praxispersonals und ihrer Ausstattung deutlich weniger Patienten behandeln als Mehrbehandlerpraxen. EDV- und Digitalisierungskompetenz sind weitere Stichworte (Stichwort: Weniger Ärzte müssen in Zukunft mehr Medizinisches leisten)..

Um hier im ländlichen Raum diesen Prozess zu beschleunigen, werden Kommunen dazu ermächtigt diese größeren Einheiten zu schaffen. Bislang war es Kommunen nicht möglich als Träger eines MVZ zu agieren. Nun hat der Gesetzgeber Abhilfe geschaffen: Über die neu in das SGB V eingeführten Bestimmungen ist den Kommunen nun die Möglichkeit eröffnet, MVZ in der öffentlich-rechtlichen Rechtsform Eigen- oder Regiebetrieb, Anstalt des öffentlichen Rechts (kommunale Anstalt/Kommunalunternehmen) oder GmbH zu gründen und zu betreiben.

Kommunale MVZ-Trägerschaft in der Praxis

Die Kommune kann sich u.a. der Betriebsform des Eigenbetriebes bedienen, mit der Folge, dass die Kommune selbst Träger des MVZ ist. Darüber hinaus kann ein MVZ auch durch eine von der Kommune gegründete oder durch Umwandlung eines Eigen- bzw. Regiebetriebs entstandene rechtsfähige Anstalt des öffentlichen Rechts getragen werden. Hierbei gilt es je nach Betriebsform Besonderheiten in Bezug auf Errichtung sowie Organstruktur zu beachten. Bei der Betriebsform eines Eigenbetriebs handelt es sich beispielsweise um ein Sondervermögen der jeweiligen Gemeinde. Der Eigenbetrieb wird mittels Beschluss über seine Errichtung durch das zuständige Vertretungsorgan gebildet.

Die Betriebssatzung ist seine rechtliche Grundlage. Organe des Eigenbetriebs sind die Werkleitung, die die Unabhängigkeit des Eigenbetriebs von der Gemeinde gewährleistet, und der Hauptverwaltungsbeamte, der wiederum ein Weisungsrecht gegenüber der Werkleitung hat.

Anstalten des öffentlichen Rechts sind hingegen rechtsfähig und können selbst Träger von Rechten und Pflichten sein. Die wirksame Errichtung erfordert den Erlass und die Bekanntgabe einer Unternehmenssatzung. Organe der Anstalt sind der Vorstand, der die Anstalt vertritt, und der Verwaltungsrat, der den Vorstand bestellt und abberufen kann.

Haftungsfragen bei kommunaler Trägerschaft eines Medizinischen Versorgungszentrums

Wenn sich die Kommune für die Betriebsform eines Eigen- oder Regiebetriebes entscheidet, wird alleine die Kommune als Trägerin eines MVZ verpflichtet. Ein Umstand, der die rechtsfähige Anstalt des öffentlichen Rechts attraktiver erscheinen lässt. Bei dieser bestehen einerseits die sogenannte Gewährträgerhaftung der Kommune und andererseits die sogenannte Anstaltslast, also die Verpflichtung der Kommune, die Anstalt mit ausreichenden finanziellen Mitteln auszustatten.

Die Erschwernisse bei der Gründung als GmbH sind ein Gewinn für den Geschäftsbetrieb. Die Gründung als GmbH bringt die unterschiedlichsten Kompetenzen mit ein. Neben der Kommune mit ihren versorgungsorientierten Interessen stehen Ärzte und ggf. Krankenhäuser als Gesellschafter und nicht als Angestellte der Kommune für die Qualität der medizinischen Versorgung.

Trotz der formalen Erschwernisse einer GmbH ist dies – dafür ist gem. § 95 Abs. 2 Satz 6 SGB V erforderlich, dass die Gesellschafter eine selbstschuldnerische Bürgschaft gem. § 773 BGB für Forderungen von Kassenärztlichen Vereinigungen und Krankenkassen gegen ein MVZ aus dessen vertragsärztlicher Tätigkeit vorlegen – ist dies für Kommunen der professionellere und letztendlich nach Überwindung der Anfangsschwierigkeiten der auch wirtschaftlich nachhaltigere Schritt.

Fazit: Der Trend geht hin zum kommunalen Medizinischen Versorgungszentrum

Im Ergebnis ist die Stärkung kommunaler Trägerschaft von Medizinischen Versorgungszentren gerade betreffend unterversorgter Gebiete zu begrüßen. Sie gibt Anlass zur Hoffnung, dass die Neuerungen durch den bayerischen Gesetzgeber dazu beitragen werden, ländliche Unterversorgung zu reduzieren.

Hier geht es zur Publikation: Wie ist dem Ärztemangel auf dem Lande zu begegnen?