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Hausärztemangel: Was suchen junge Nachrücker-Ärzte?

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Als „Generation Y“ wird allgemein die Bevölkerungskohorte der Geburtsjahrgänge 1980 bis 2000 bezeichnet. Sprechen wir vom Hausärztemangel in Deutschland sind sie die zentralen künftigen Nachrücker-Ärzte bis etwa zum Jahr 2030. Diese Generation Y ist zu unterscheiden von der Generation Z (Geburtsjahrgang >1995 bzw. >2000). Letztere wird von aktuellen Ausbildungsänderungen unter dem Motto „Beseitigung des Hausärztemangels“ adressiert. Hierzu zählen der Ausbau der Studienplätze für Allgemeinmedizin sowie ein modifizierter Numerus clausus. Beide Maßnahmen wirken marktseitig erst ab dem Jahr 2030, frühestens zu diesem Zeitpunkt erreichen die zusätzlich ausgebildeten Mediziner den Arbeitsmarkt. Doch kommen diese dann auch dort an, wo sie benötigt werden?

Nun, wenn man den Nebel um die wenig konkreten Aussagen wie „Work Life Balance statt Arbeit bis zum Burnout“ oder z.B. „Die Attraktivität des Wohnumfeldes gewinnt an Bedeutung“ einmal beiseite schiebt, bleiben wohl sechs zentrale, sofort wirksame Kernpunkte zum Lösungsrahmen des „Hausärztemangels auf dem Lande“ über. Sie sind gleichzeitig Lösungsbeiträge beim Thema „Beseitigung des Erkenntnisproblems“:

Es gibt grundsätzlich für eine 1:1-Nachbesetzung von Hausärzten viel zu wenige Nachrücker-Ärzte der Generation Y. Bestenfalls sind es bundesweit statistisch betrachtet um die 50 Prozent. Bezogen „auf das Land“ sind es davon höchstens nochmals die Hälfte. Je nach Ort und vorzufindender Bedingungen kann gar nur mit einer 10- bis 15-prozentigen Wahrscheinlichkeit mit einem Nachrücker gerechnet werden.

Die Einzelpraxis ist für viele Nachrücker-Ärzte ein „No-Go“

Die Generation Y will zum überwiegenden Teil bzw. fast ausschließlich (zunächst) im Rahmen eines Angestelltenverhältnisses mit geregelten Arbeitszeiten tätig sein. Ärztinnen bevorzugen zudem eher Teilzeittätigkeiten. Die steigende Anzahl weiblicher Medizinstudenten verschärft diesen Umstand. Eine Praxisübernahme ist damit regelmäßig erst für eine spätere Berufs- und Lebensphase vorstellbar. Damit ist die Einzelpraxis auch aus dieser Perspektive „tot“ und die Notwendigkeit einer Transformation in Richtung Mehrbehandlerpraxen aufgezeigt.

Junge Nachrücker-Ärzte wollen eher gemeinschaftlich arbeiten, sich fachlich austauschen und ihre Zeit nicht mit Bürokratie und Praxisführung verbringen. Die medizinische Behandlung liegt im Fokus. Damit sind ebenfalls Mehrbehandlerpraxen mit delegativen Strukturen (Stichwort: VERAH) angezeigt (Stichwort: Mehrbehandlerpraxis). Mit neu zu errichtenden tradierten Ärztehäusern, sprich jeder Arzt mit seiner Einzelpraxis – hat dies nichts zu tun. In diesem Zusammenhang auch auf „Filialpraxen auf dem Lande“ mit nur einem angestellten jungen Arzt zu setzen, dürfte fehl am Platze sein. Außer angestellt zu sein, spricht aus Sicht der Generation Y vieles bis alles dagegen.

Eine 1:1-Nachbesetzung von Landarztpraxen wird es kaum geben

Die Übernahme einer alten Einzelpraxis oder der Aufbau einer neuen Einzelpraxis stellt für Jungärzte ein zu großes finanzielles und vielleicht auch privates Risiko dar. Bekanntermaßen sind etwas 80 Prozent dieser alten Einzelpraxen sowieso nicht nachhaltig zukunftstauglich. Daneben braucht die Generation Y verlässliche finanzielle und organisatorische Rahmenbedingungen: Es gilt „eine Entängstigung nachrückender Ärzte zu schaffen“. Das Engagement von Kommunen kann da einen wesentlichen Beitrag leisten. (Stichwort kommunale Initiative)

Die Übernahme einer Praxis steht erst viel später an. Selbiges gilt regelmäßig auch für eine Beteiligung an einer entsprechenden Betreibergesellschaft für eine Mehrbehandlerpraxis. Dies wird mindestens zehn Jahre später sein als bei der derzeitigen Generation der Abgeber-Ärzte und ist abhängig von zahlreichen heute von den Ärzten der Generation Y überhaupt nicht absehbaren Faktoren. Zentral dürfte es dabei sein wie es im Rahmen einer „Work Life Balance“ überhaupt gelingen wird den notwendigen Eigenkapitalstock aufzubauen.

Zuletzt können sich nur zehn Prozent der Studierenden überhaupt eine Landarzttätigkeit vorstellen. Dabei ist bei allen Umfragen bislang vollkommen ungeklärt, welche subjektive Einwohnergröße bei „auf dem Lande“ bei den Befragten überhaupt gemeint ist.

Allein diese sechs zusammengestellten Kernpunkte – sie sind selbstverständlich nur eine fokussierte Auswahl – lassen die Hoffnung, auf dem Lande jemals eine 1:1-Nachbesetzung zu erreichen, als relativ absurd erscheinen.

Hier geht es zur Publikation: Wie ist dem Ärztemangel auf dem Lande zu begegnen?