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Landarztmangel: Immer mehr Apotheken müssen schließen

Apothekensterben

Apothekensterben

Anzahl der Apotheken bundesweit auf dem tiefsten Stand seit 1990

Vergangenes Jahr ist die Zahl der Apotheken in Deutschland das zehnte Jahr in Folge gesunken. Etwas mehr als 19.400 Apotheken gibt es nunmehr in Deutschland. 2008 waren es noch rund 21.600. Die Anzahl der Apotheken fällt durch den sich fortsetzenden Trend auf den tiefsten Stand seit mehr als 30 Jahren. 2018 haben rund 300 den Betrieb eingestellt. Das entspricht einem Rückgang von 1,7 Prozent. Regionale Unterschiede sind eindeutig zu erkennen.

Baden-Württemberg war 2018 mit am stärksten von dieser Entwicklung betroffen. Mit 58 Apothekenschließungen wurden in Baden-Württemberg die meisten Apotheken dichtgemacht. Eröffnet wurden hingegen nur vier. Das entspricht einem Rückgang von 2,2 Prozent im Jahr 2018. Das benachbarte Rheinland-Pfalz hat es jedoch im vorigen Jahr mit minus 2,9 Prozent am stärksten getroffen. Lediglich zwei Eröffnungen standen 24 Schließungen gegenüber.

Apothekensterben

Ein Beispiel aus Rheinland-Pfalz steht exemplarisch für eine ganze Branche

Nach 177 Jahren schloss im Sommer 2016 die „Apotheke im Holzappel“ in der rheinland-pfälzischen Region Esterau. Doch was ist passiert? Noch in den 1990er Jahren praktizierten vier niedergelassene Allgemeinmediziner in der Region. Mittlerweile werden die rund 5.500 Einwohner von nur einem Hausarzt versorgt. Nachfolge ungewiss. Zur Erinnerung: Die KBV (Kassenärztliche Bundesvereinigung) gibt als Richtwert ein Verhältnis von 1:1.671 vor. Das bedeutet, das statistisch betrachtet ein Hausarzt 1.671 Menschen medizinisch versorgt. (Lesen Sie auch: Der alte Arzt hat ausgedient)
Doch in aller Regel reicht ein niedergelassener Allgemeinmediziner nicht aus um eine Apotheke wirtschaftlich tragfähig zu gestalten. Abhängig von der jeweiligen Größe der Arztpraxis, sind im Schnitt zwei bis drei niedergelassene Ärzte notwendig um eine Landapotheke wirtschaftlich rentabel betreiben zu können (ausgenommen hiervon sind Zahnärzte). Landarztmangel und Apothekensterben gehen somit Hand in Hand. Ein wegfallender Arztsitz ist für eine Dorfapotheke häufig der letzte Sargnagel. Ist die ärztlich-ambulante Versorgung erst einmal auf ein Minimum geschrumpft oder gänzlich verschwunden ist es nahezu ausgeschlossen eine Apotheke am Ort zu halten oder gar neu anzusiedeln.

„Es gibt keinen Fachkräftemangel bei Ärzten und Apothekern, aber sehr wohl ein Verteilungsproblem“, sagt Gabriele Dostal, Kommunalberaterin bei dostal & partner. „Junge Ärzte und Apotheker der Generation Y gehen lieber in die Groß- und Mittelstädte als in ländliche Regionen. Das hat aber nicht zwingend etwas mit der vermeintlichen Unattraktivität des Landlebens zu tun, sondern mit der dortigen Struktur. Angestelltenmöglichkeiten und medizinische Hotspots wie moderne Gesundheitszentren findet man eben überwiegend in den Ballungsgebieten. Schafft man dergleichen auf dem Lande, dauert es meistens nicht lange und junge Ärzte und Apotheker stehen ‚auf der Matte'“.

Online-Apotheken kaum für Apothekensterben verantwortlich

Während es 2010 noch mehr als 21.400 Apotheken in Deutschland gab, lag deren Zahl zum Jahresende 2018 bei 19.423 – der tiefste Stand seit 1990. 70 Prozent dieser Apotheken konnten vergangenes Jahr ein Umsatzplus von knapp 4 Prozent verzeichnen. In den restlichen 30 Prozent ist der Umsatz 2018 gesunken und das obwohl die Branche kontinuierlich wächst. Rund ein Viertel des Umsatzplus resultiert aus der Umsatzverteilung durch Apothekenschließungen. Viele der umsatzrückläufigen Apotheken liegen in Regionen, in denen der hausärztliche Versorgungsgrad in der letzten Dekade stark zurückgegangen ist.

Die Ursachen sind vielschichtig, doch ist die Parallelität zum Ärztemangel nicht übersehbar. Attraktive Angestelltenstrukturen, moderne Gesundheitszentren oder ähnliche medizinische Hotspots liegen meist in städtischen Gegenden. Die ländlichen Regionen sind, was die beruflichen Anforderungen der jungen Nachwuchsgeneration bei Apothekern und Ärzten angeht, weit abgeschlagen. (Lesen Sie auch: Checkliste zur Abwendung einer Versorgungskrise)

Die Apotheker führen häufig den wachsenden Versandhandel als Grund ins Feld. So haben die EU-Versender nach dem EuGH-Urteil zur Rx-Preisbindung preislich gesehen freie Fahrt. DocMorris legte entsprechend im letzten Jahr im Rx- und im OTC-Bereich stark zu. Dennoch liegt der Marktanteil von DocMorris unverändert bei rund einem Prozent. Sprecher von EU-Versender gehen selbst davon aus, dass sich dieser Marktanteil in den nächsten Jahren kaum ändern wird. Ein bloßes Verweisen auf die Online-Apotheken ist daher viel zu einseitig und auch irreführend. „Man verspielt dadurch wichtige Zeit und setzt die Versorgung im ländlichen Raum aufs Spiel“, so Gabriele Dostal. „Landarztmangel und Apothekensterben verlaufen parallel – wenn auch etwas zeitversetzt. Sie sind ebenso auch gemeinsam lösbar. Häufig finden Kommunen, welche die ärztlich-ambulante Versorgung aktiv angehen wollen in Apothekern bereitwillige Investoren in Gesundheitszentren. Die Kommunen können in den kommenden Jahren keine wesentliche Unterstützung seitens der Bundesregierung erwarten. Sie sind also auch auf Unterstützung von anderer Seite angewiesen. Dabei erlebe ich zunehmend ein Umdenken bei vielen Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern. Herangehensweisen, die noch vor wenigen Jahren als ausgeschlossen galten, stehen heute auf der Agenda.“

Hier geht es zur Studie: Lösung des Ärztemangels: Zahlen, Daten & Fakten. Eine Grundlagendarstellung.