Die Humanmedizin beschäftigt sich mit der Vorbeugung, Erkennung und Behandlung von Verletzungen und Erkrankungen bei Menschen. Sie ist in zahlreiche Fachgebiete unterteilt, wie innere Medizin, Chirurgie, Augenheilkunde, Urologie oder Notfallmedizin. Die ambulante und stationäre medizinische Versorgung durch Allgemein- und Fachärzte ist massiv reguliert. Die Berufszulassung und -ausübung findet i.d.R. für den ambulanten und stationären Bereich statt.
Die ärztliche Ausbildung und der Zugang zum ärztlichen Beruf ist durch die Bundesärzteordnung (BÄO) und die aufgrund dieses Gesetzes erlassene Approbationsordnung (ÄAppO) detailliert geregelt. Hierin wird auch festgelegt, dass die ärztliche Tätigkeit kein Gewerbe ist, sondern freiberuflich durchgeführt wird.
Der Zugang zu einem Studium der Humanmedizin ist bundesweit zulassungsbeschränkt. Mit dem Vergabeverfahren für das Sommersemester 2020 treten auf Basis eines Gerichtsurteils vom 19.12.2017 nennenswerte Änderungen in Kraft, die im Folgenden zusammengefasst dargestellt werden:
Die rückläufigen Zahlen an Fachärzten für Allgemeinmedizin und die zunehmende Verweigerung der jüngeren Ärzte sich als „Landarzt“ hausärztlich in ländlichen Regionen niederzulassen führte zu politischen Maßnahmen:
Um als niedergelassener Arzt bzw. als Ober- oder Chefarzt in einem Krankenhaus tätig werden zu können, ist ein Facharzt-Titel notwendig. Diese ärztliche Weiterbildung (Facharztausbildung) wird bezahlt und dauert je nach Fachgebiet zwischen fünf und sechs Jahren. Sie muss in einer, von der jeweils zuständigen Landesärztekammer zur Weiterbildung befugten Weiterbildungsstätte (z.B. Universitätszentrum, -klinik oder einer zugelassenen Einrichtung der ärztlichen Versorgung) stattfinden. Hierzu kann auch die Praxis eines niedergelassenen Arztes zählen. So erfolgt z.B. die fünfjährige Ausbildung zum Facharzt für Allgemeinmedizin im stationären (drei Jahre) und ambulanten Bereich (zwei Jahre). Nach einer abgeschlossenen mündlichen Prüfung wird von der jeweiligen Landesärztekammer ein Facharztdiplom ausgestellt.
Die Möglichkeitender Berufsausübung von Ärzten sind recht vielfältig und reichen auch zunehmend in (innovative) Angebotsfelder des Zweiten Gesundheitsmarkts hinein (Stichwort: Ganzheitliche Gesundheit). Der oben bereits angesprochene Rückgang der Ärztezahlen (vgl. Abbildung 4.1) zeigt sich in vollem Ausmaß im Vergleich der Ärzte die 2015 (485.414) bzw. 2018 (392.402) bei der Bundesärztekammer gemeldet waren. In nur drei Jahren sank die Anzahl um 93.012 gemeldete Ärzte, d.h. um 19,2 Prozent. Die gemeldeten Ärzte arbeiteten mehrheitlich im stationären Bereich (201.800) bzw. ambulant (157.300).
Für den gleichen Zeitraum nennt die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) zum 31. Dezember 2018 175.294 Vertragsärzte. Hier scheinen die ermächtigten Ärzte, d.h. im Krankenhaus angestellte Ärzte, die von der jeweiligen Kassenärztlichen Vereinigung (KV) auf Grund eines Versorgungsengpasses ermächtigt werden vertragsärztlich mit eigener Praxis tätig zu werden.
Folgende unternehmerischen Möglichkeiten der Niederlassung von Ärzten als Freiberufler führt die KBV an:
Die ambulante ärztliche Versorgung ist zusammen mit dem stationären Sektor das Gesicht des deutschen Gesundheitssystems. Durch den oben bereits angesprochenen Ärztemangel, neue Versorgungsformen und Player als Versorger sowie einen deutlichen Digitalisierungsschub hat sich dieser Markt in Teilen bereits deutlich verändert. Einerseits stark reglementiert und wirtschaftlich abgesichert, entwickeln eine unüberschaubare Vielfalt der Ärzte Initiativen sich verstärkt im Selbstzahlerbereich zu etablieren. Für zahlreiche Gesundheitsanbieter aus anderen Bereichen bilden sie damit eine teilweise ernsthafte Konkurrenz.
Das wichtigste Instrument zur Steuerung der ambulanten medizinischen Versorgung ist die kassenärztliche Bedarfsplanung. Diese legt seit 1977 fest, wie viele Kassen- bzw. Vertragsärzte je Arztgruppe auf wie viele Einwohner kommen dürfen. „Nach den damaligen Bedarfsplanungs-Richtlinien wurde zum jeweiligen Stichtag die Zahl der Einwohner […] durch die Zahl der Vertragsärzte dividiert und so die Verhältniszahl, folglich die auf das ganze Bundesgebiet bezogene durchschnittliche Einwohnerzahl je Arztgruppe, ermittelt. Die Verhältniszahlen spiegelten lediglich die durchschnittliche Versorgungsdichte im Bundesgebiet wider – unabhängig davon, ob in einer Fachgruppe zu wenig oder zu viele Ärzte vorhanden waren. Es handelte sich also weniger um die Planung eines ‚Bedarfs’ als vielmehr um die Verteilung der Ärzte.“
Seit 1977 gab es zahlreiche Anpassungen der Bedarfsplanung. Bei diesen standen jeweils unterschiedliche Schwerpunkte im Fokus. So sollte z.B. das 1993 erlassene Gesetz zur Sicherung und Strukturverbesserung der GKV (GSG) durch die Festlegung eines Soll-Verhältnisses Anzahl Einwohner pro Arzt die Niederlassung von Ärzten in bereits gut oder sogar überversorgten Regionen verhindern.
Mit der Einführung von vier unterschiedlichen Versorgungsebenen legte das GKV-Versorgungs-strukturgesetz (GKV-VstG) die Grundlage für die Struktur der heutigen Bedarfsplanung. Durch die Einteilung der Arztgruppen in vier Versorgungsebenen nach ihrem jeweiligen Spezialisierungsgrad, kam es zu unterschiedlich großen Planungsbereichen:
Allgemeine fachärztliche Versorgung: Unter der Arztgruppe „allgemeine fachärztliche Versorgung“ werden Augenärzte, Frauenärzte, Chirurgen / Orthopäden, Psychotherapeuten, Kinderärzte, Hautärzte, HNO-Ärzte, Nervenärzte und Urologen zusammengefasst. Die Bedarfsplanung dieser Arztgruppe erfolgt auf Grundlage der 295 Landkreise und der 107 kreisfreien Städte. Hierbei wird davon ausgegangen, dass für die allgemeine fachärztliche Betreuung eine geringere räumliche Nähe erforderlich ist als für die hausärztliche Betreuung.
Spezialisierte und gesonderte fachärztliche Versorgung: In der Arztgruppe der spezialisierten fachärztlichen Versorgung sind Anästhesisten, fachärztliche Internisten, Kinder- und Jugendpsychiater und Radiologen zusammengefasst. Für die spezialisierte fachärztliche Versorgung mit ihren vielen Subspezialisierungen, einer geringen Anzahl oder hoher Planbarkeit der Eingriffe bestehen bundesweit 97 Planungsregionen. Die Arztgruppe der gesonderten fachärztlichen Versorgung mit Humangenetikern, Laborärzten, Neurochirurgen, Nuklearmedizinern, Pathologen, Physikalischen und Rehabilitationsmedizinern, Strahlentherapeuten und Transfusionsmedizinern sind häufig ohne Patientenkontakt tätig, weshalb ihre Planung in den großräumigen 17 KV-Regionen erfolgt.
Innerhalb der oben dargestellten Planungsregionen gelten für die vier Facharztgruppen jeweils unterschiedliche Verhältniszahlen. Diese wurden mit der neuen Bedarfsplanungsrichtlinie (NBL) zum 1.1.2020 durch die KVen umgesetzt. Sie nahm in die Berechnung der Verhältniszahlen z.B. auch die Morbidität entsprechend hinzu. Hierdurch änderten sich nicht nur die bundesweit geltenden allgemeinen Verhältniszahlen, sondern es wurden auch die regionalen Typen mit sechs Kreistypen deutlicher als bisher (bisher fünf) in die angepassten Verhältniszahlen einbezogen.
Sofortige Effekte der NBL entstanden z.B. im hausärztlichen Bereich. Die bundesweit für einen Hausarzt bis Ende 2019 geltende allgemeine Verhältniszahl von 1.671 Einwohnern pro Allgemeinmediziner liegt ab dem 1.1.2020 bei 1.609 Einwohner. Es kamen also etliche neue Arztsitze hinzu. Gleiches trifft auch auf die Arztgruppe der Kinder- und Jugendmediziner zu.
Der obige Beitrag wurde dem neu erschienenem Handbuch ‚Der Deutsche Gesundheitsmarkt‘ (ISBN 978-3-947782-03-1) entnommen. Dieses ist bis einschl. 30. Juni 2020 zum Subskriptionspreis (99,00 Euro inkl. MwSt. als digitaler Download, Gebundene Ausgabe: 189,00 Euro inkl. MwSt.) erhältlich (https://www.dostal-partner.de/publikationen/).
Interessierten Akteuren aus dem Gesundheitsmarkt steht unter https://www.dostal-partner.de/Handbuch_2020_Auszug eine Leseprobe (S.108-123) zur Verfügung.