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Hausärztemangel auf dem Lande: Welche kommunalen Rollen bieten sich an?

Grundsätzlich gilt seit über 85 Jahren der Sicherstellungsauftrag der KV für diesen zentralen Bereich der Daseinsvorsorge (7. Altenbericht vom November 2016). Diese müssen „liefern“. Woher jedoch nehmen, wenn nur die Hälfte der notwendigen Nachwuchsärzte zur Verfügung stehen? Für die Kommune geht es darum, den essentiellen „weichen“ Standortfaktor Gesundheit zu sichern und wenn notwendig (wie dies bei Einwohnergrößen von weniger als 8.000 bis 9.000 nicht selten der Fall ist) selbst die Initiative zu ergreifen (Stichwort: Sicherung der hausärztlichen Versorgung).

Da gibt es drei grundsätzliche Stoßrichtungen: Die Gemeinde in der Rolle des Investors und/oder Vermieters einer entsprechenden Immobilie. Diese Rolle ist dabei eher noch dem klassischen Handeln einer Gemeinde zuzuordnen. Bei einer Neuplanung und -errichtung ist hier jedoch regelmäßig mit zwei bis drei Jahren Zeitbedarf zu rechnen. Neu ist hier allenfalls, dass eine vorgeschaltete schnell umsetzbare räumliche „Zwischenlösung“ mit Unterstützung der Kommune notwendig sein kann. Denn: Der nächste Arztsitz kann innerhalb der nächsten neun bis achtzehn Monaten wegfallen. Dies löst also das Problem bei einem Sofortbedarf nicht.

Nahezu vollkommenes Neuland ist dagegen die Rolle als Gesellschafter einer Betreibergesellschaft für eine entsprechende Mehrbehandlerpraxis (Stichwort: Mehrbehandlerpraxis) oder eines MVZ in Form einer GmbH.

Am häufigsten findet sich die Gemeinde jedoch in der Rolle als Moderator und Unterstützer wieder, um den Prozess voranzutreiben moderne delegative Praxisstrukturen im Sinne der Gemeinde zu initiieren. Die hierdurch geschaffene bessere Versorgungseffizienz setzt einen wichtigen Meilenstein zur nachhaltigen ärztlichen Versorgung auf dem Lande.

Unterstützungsmöglichkeiten von zahlreichen Seiten

Um es zu wiederholen: Während sich die Gemeinden bei der ersten Stoßrichtung eher im Alltagsgeschäft bewegen, erfordern die beiden anderen Stoßrichtungen neben speziellem Markt-Know-how auch einen hohen Arbeitseinsatz. Und: Ein solches Vorhaben sollte, von Ausnahmen abgesehen, immer von externen Spezialisten begleitet und mitrealisiert werden. Das dabei betretene Neuland ist zu umfangreich und ausreichend Zeit steht regelmäßig nur bedingt zur Verfügung.

Was kann dabei erwartet werden? – Bekanntermaßen gibt es eine ganze Batterie von Auskunftsstellen und aus einer großen Anzahl von auf den Weg gebrachten Fördervorhaben sich beschäftigende Begleiter. Dazu gehören u.a. staatlich geförderte Gesundheitsregionen und Modell-Projekte und -Regionen in zahlreichen Bundesländern, Vorhaben der „Integrierten Ländlichen Entwicklung“ (ILE) sowie kommunale Allianzen mit ihren Integrierten Ländlichen Entwicklungskonzepten (ILEK). Das Problem ist aber meistens, dass jeweils nur ein Teil der beteiligten Kommunen am Thema ein lösungsorientiertes Interesse hat. Dazu kommt, dass das Thema in weiten Bereichen hoch komplex ist und letztendlich die betroffenen Gemeindegremien entscheiden müssen.

Zudem ist fast allen Förderprogrammen gemein, dass es dadurch kaum einen Hausarzt – sieht man von der Zeitschiene nach 2030 ab – zusätzlich gibt, sondern die deutlich zu wenigen Allgemeinärzte im Sinne der Landkommunen „besser“ verteilt werden. Sie haben auch den Nachteil, dass sie sich meistens nur auf eine Förderung der 1:1-Nachbesetzung von Einzelpraxen fokussieren. Die effizientere Nutzung der Ressource „Hausarzt“ und die daraus z.B. resultierenden Transformationskosten werden kaum berücksichtigt, hier gibt es bislang auch keine Förderung.

Welche „Rolle“ soll die Gemeinde wählen?

„Wann“ wird transparent „welche“ Rolle auf die Kommune zukommen? – Es ist müßig darüber bereits zu spekulieren. Eine belastbare Einschätzung ergibt sich, wenn im Rahmen eines Projektes aus der Analyse der aktuellen Versorgungssituation und -effizienz und den daraus resultierenden Erstgesprächen mit den Akteuren u.a. transparent wird: Wer will wann aufhören? Wer hat welche Vorstellungen für eine Übergangslösung? Wie offen ist der Einzelne für eine gemeinsame Lösung vor Ort? Wen gibt es potentiell als Partner im Umkreis von zehn und mehr Kilometern bei Haus- und Fachärzten, Filialpraxen, Kliniken und MVZ? Wer steht als potentieller Investor oder Vermieter zur Verfügung? Welche Locations gibt es für Übergangslösungen usw.?

Als sich daran anschließende Kernfragen sind beispielhaft anzuführen: Was bedeutet das für die Kommune? Von welchen Kosten bzw. Investitionen wäre da zu sprechen? Wie steht der Gemeinderat dazu? Mit der ersten Beantwortung all dieser Fragen, zeichnet sich eine kommunale Rolle erst ab. – Vieles Weitere schließt sich erst danach an.

Hier geht es zur Publikation: Wie ist dem Ärztemangel auf dem Lande zu begegnen?