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Ärztemangel in Rheinland-Pfalz

Ärztemangel Rheinland-Pfalz

Im folgenden Beitrag werfen wir einen Blick auf den Stand der (haus-)ärztlichen Versorgung im Bereich der Kassenärztlichen Vereinigung Rheinland-Pfalz (KV RLP). Laut aktuellem Versorgungsbericht nahmen mit Stand 30. Juni 2023 insgesamt 8.063 Ärzte und Psychotherapeuten an der ambulanten vertragsärztlichen und -psychotherapeutischen Versorgung teil. Hiervon waren 5.586 Ärzte und Psychotherapeuten zugelassen, 2.515 sind als Angestellte an der ambulanten Versorgung beteiligt. Da es vorkommen kann, dass vereinzelt Ärzte sowohl über eine Zulassung verfügen als auch als Angestellte arbeiten, kann die Summe von der oben genannten Gesamtzahl minimal abweichen. (Lesen Sie auch: Hausärztemangel in Nordrhein-Westfalen)

Die Zahl der Hausärzte in Rheinland-Pfalz betrug zum Stichtag 2.657. Die Gruppe der Fachärzte zählte 3.870 und die der Psychotherapeuten 1.586 Personen. Dabei blieb unberücksichtigt, ob der Arzt bzw. Psychotherapeut seine Tätigkeit in Voll- oder Teilzeit ausübte. Der Anteil der Frauen in der ambulanten Versorgung betrug 48 Prozent. 

Das mittlere Alter (Median) variierte zwischen den Versorgungsebenen. Hausärzte sind mit 58 Jahren im Mittel älter als Fachärzte (55 Jahre) und Psychotherapeuten (54 Jahre). Der Anteil der Personen im Alter von 60 Jahren und älter liegt in Rheinland-Pfalz insgesamt bei 36 Prozent. Unter den Hausärzten sind es sogar 43 Prozent. Im Bundesvergleich sind die Hausärzte in Rheinland-Pfalz damit im Durchschnitt spürbar älter.

Die freiberufliche Niederlassung wird immer unattraktiver, dies bestätigt auch die KV RLP selbst. Eine unzureichende Finanzierung des ambulanten Bereichs, der Trend zur Anstellung und der demografische Wandel lassen die Versorgungslücken immer größer werden. Schon jetzt herrscht in vielen Regionen ein Ärztemangel – die ambulanten Strukturen drohen, zu bröckeln. 

„Nicht nur der MFA-Mangel bereitet uns Sorgen. Auch der Ärztemangel schreitet ungebremst voran. Das Interesse an der Niederlassung sinkt. Arztpraxen bleiben ohne Nachfolge, wovon besonders die hausärztliche Versorgung betroffen ist“, resümiert Dr. Peter Heinz, Vorstandsvorsitzender der KV RLP und Facharzt für Allgemeinmedizin. Der schon heute herrschende Ärztemangel wird sich noch weiter verschärfen. Zwar steigen die Arztzahlen nach Köpfen jährlich, doch gibt es fast kein Wachstum. Der Grund: Der Teilnahmeumfang an der Versorgung nimmt ab.

Hausärztliche Mittelbereiche im Überblick

Bedauerlicherweise weist die KV Rheinland-Pfalz „kritische“ Mittelbereiche grundsätzlich nur mit „unter 100% Versorgungsgrad“ aus. Inwiefern eine „drohende Unterversorgung“ oder gar eine „Unterversorgung“ eingetreten ist, ist nicht ersichtlich. Als erster rheinland-pfälzischer Mittelbereich von insgesamt 53 wurde im Jahr 2016 der Mittelbereich Prüm als von „Unterversorgung bedroht“ eingestuft. Damals waren landesweit erst 78,5 hausärztliche Kassensitze unbesetzt. Diese Zahl ist sieben Jahre später auf 261,5 (Stand Juli 2023) angewachsen. Es kann davon ausgegangen werden, dass inzwischen weitere Mittelbereiche in diese Kategorie fallen. Betrachtet man die Abbildungen 1 sowie 3-5 dürften mindestens die folgenden Mittelbereiche (drohend) unterversorgt sein: 

  • Bad Neuenahr-Ahrweiler
  • Bernkasten-Kues
  • Bitburg
  • Kirchheimbolanden
  • Kusel
  • Pirmasens
  • Westerburg/Hachenburg
Abb. 1: Anzahl freier Sitze – hausärztliche Versorgung; Bedarfsplan KV Rheinland-Pfalz, Stand 2023

Dies entspräche zwar lediglich rd. 13% aller Mittelbereiche, doch betrachtet man den sehr hohen Altersdurchschnitt niedergelassener Hausärzte in Rheinland-Pfalz, wird ersichtlich, dass die Herausforderungen im Zuge der Transformation der ambulanten ärztlichen Versorgung im Gebiet der KV RLP erst noch bevorstehen. Die nachfolgende Abb. 2 gibt einen Überblick über die Verteilung der Altersgruppen der unterschiedlichen Fachrichtungen.

Abb. 2: Demografie niedergelassener Ärzte und Psychotherapeuten; KVRLP; eigene Darstellung

So waren Stand 2023 43,1% aller niedergelassenen Hausärzte älter als 60 Jahre, 12,4% praktizierten gar über das 70. Lebensjahr hinaus. Demgegenüber standen nur 26,4% in den Altersgruppen von 30 bis 49. Die Demografie bei den Fachärzten sieht hingegen zukunftsfähiger aus, hier überwiegt der Anteil von Fachärzten zwischen 30 und 49 Jahren (33,2%) leicht den Anteil der über 60-Jährigen (31,6%). Jedoch kann man jedoch im fachärztlichen Bereich ein stärkeres Stadt-Land-Gefälle feststellen.

Erfreulicherweise veröffentlicht die KV RLP regelmäßig Daten zu den einzelnen Kreisregionen, welche jedoch nicht identisch mit den Mittelbereichen sind. Dennoch erlauben Sie einen wertvollen Einblick in die Demografie der niedergelassenen Hausärzteschaft und geben Auskunft darüber in welchen Regionen die größten Herausforderungen zu erwarten sind.

Obgleich der Anteil der Hausärzte über 60 Jahre in Rheinland-Pfalz mit 43% ohnehin deutlich über dem Bundesschnitt von rd. einem Drittel liegt, weisen manche Kreisregionen teils Werte von über 50% aus. So sind im Donnersbergkreis 54% (!) aller Hausärzte über 60 Jahre alt, 20% – also jeder 5. Hausarzt – sogar über 70 Jahre. Diese Zahlen sind teilweise alarmierend und lassen für die wohnortnahe und bedarfsgerechte Grundversorgung (v.a. in der Fläche) nichts Gutes erwarten. In seltenen Fällen weisen diese Kreisregionen sogar eine äußerst dünne Basis an jüngeren Medizinern aus (z.B. Bernkastel-Wittlich, Rhein-Lahn-Kreis). Diese Kreisregionen sind im Folgenden hellrot hervorgehoben.

Demgegenüber stehen Mittelbereiche in denen nicht nur der Altersdurchschnitt niedriger ausfällt, sondern auch eine größere Anzahl nachrückender Mediziner vorhanden ist (hellgrün). Doch darf man hierbei drei Aspekte nicht unberücksichtigt lassen:

  • Ein geringerer Anteil über 60 jähriger Ärzte kann darauf hindeuten, dass die Pensionierungswelle der Hausärzteschaft bereits abgeflacht ist und sich ein Gros der Mediziner bereits zur Ruhe gesetzt hat. So können auch von Unterversorgung bedrohte Mittelbereiche einen niedrigeren Altersdurchschnitt aufweisen (z.B. Bitburg-Prüm).
  • Eine hohe Anzahl jüngerer Mediziner ist nicht gleichbedeutend mit einem stabilen Versorgungsniveau. Drei von vier nachrückenden Mediziner üben eine Tätigkeit in Teilzeit aus, sie stehen folglich nicht im selben Maße für die Versorgung zur Verfügung wie ihre älteren Kolleginnen und Kollegen.
  • Erfahrungsgemäß haben v.a. urbanere und großstädtische Mittelbereiche eine gesundere Altersstruktur, obgleich hier einzelne Quartiere einen spürbaren Ärztemangel aufweisen können. Der Grund liegt im Vorhandensein beliebter Anstellungsmöglichkeiten – auch in Teilzeit.
Abb. 4: Altersgruppen der Hausärzte je Kreisregion; KVRLP; eigene Darstellung
Abb. 4: Altersgruppen der Hausärzte je Kreisregion; KVRLP; eigene Darstellung
Abb. 5: Altersgruppen der Hausärzte je Kreisregion; KVRLP; eigene Darstellung

Ausblick

Der Umbruch der ambulanten medizinischen Versorgung ist auch im Bundesland Rheinland-Pfalz in vollem Gange. Ohne entsprechende (kommunale) Initiativen vor Ort dürfte eine wohnortnahe Primärversorgung in der Fläche nicht aufrecht zu erhalten sein. Bereits 2018 definierte daher die Kassenärztliche Vereinigung Rheinland-Pfalz vor diesem Hintergrund eine Fahrzeit von 20 Minuten zur nächstgelegenen Hausarztpraxis als angemessen. Das dies im Zuge einer immer älter werdenden Bevölkerung nicht zu bewerkstelligen ist, ist nicht näher auszuführen. Der Gesetzgeber versucht hingegen mit der Schaffung von neuen Rahmenbedingungen (z.B. kommunale MVZ, Regionale Versorgungszentren, Primärversorgungszentren) Gemeinden und Landkreise bei der Sicherstellung der ärztlichen Versorgung zu unterstützen. (Lesen Sie auch: Hausärztemangel in Deutschland – Ein Blick in die Glaskugel)