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Digitalisierung à la Hessen bietet Lösungen für den Ärztemangel

Ein Arzt und Manager in der pharmazeutischen Industrie betrachtete jüngst den Wertbeitrag der Digitalisierung zur Mit-Behebung des Ärztemangels aus einer etwas anderen bemerkenswerten Perspektive (Die Welt, 5.4.2018).

Er nimmt dabei – nach einem Umweg über das delegative Unterrichtskonzept der südafrikanischen „African School of Excellence“ (der Lehrer kann dabei dreimal so viele Schüler unterrichten wie hier zu Lande) – die neue GroKo in die Pflicht und fordert „grundsätzliche Systemänderungen“ ein. Grundsätzlich andere Prozesse sollen eine bessere Versorgung erreichen. Das Land Hessen hat dazu im Sommer 2017 eine „E-Health-Initiative“ beschlossen und fördert das Vorhaben mit 6 Mio. Euro jährlich. „Das gemeinsame Kompetenzzentrum der Justus-Liebig-Universität Gießen (JLU) und der Technischen Hochschule Mittelhessen (THM) bündelt hessische Initiativen und wird uns bei der Implementierung neuer, bedarfsgerechter Versorgungsformen unterstützen. Telemedizin bringt Diagnosen vom medizinischen Experten schnell zu den Patienten und überbrückt Distanzen.“ (Pressestelle Hessisches Ministerium für Soziales und Integration, 1.8.2017).

Damit soll die Versorgung in ländlichen Gebieten – wie es bereits in zwei Pilotregionen in Baden-Württemberg mit einem etwas anderen Ansatz (Stichwort Digitalisierung) geschieht – verbessert werden. Videosprechstunden oder die Erfassung von Gesundheitsdaten per App ermöglichen es „Ärzten“ – genannt wird in dem Zeitungsbeitrag nicht das Praxispersonal – „effizienter“ zu arbeiten und somit mehr Patienten zu versorgen. „Routinetätigkeiten werden automatisiert, und es bleibt mehr Zeit für anspruchsvollere und komplexere Fälle. Dabei werden auch neue Modelle der Zusammenarbeit zwischen medizinischen Berufen erprobt; zum Beispiel fährt eine Arzthelferin oder Krankenschwester zum Hausbesuch und übermittelt dann die erhobenen Gesundheitsdaten an die Praxis. Bei Bedarf schaltet sich der Arzt kurz per Video dazu.“

Mit der Praxisorganisation steht und fällt der Ärztemangel

Die Formulierung „neue Modelle der Zusammenarbeit zwischen medizinischen Berufen“ lässt aufhorchen. Hier scheint sich ein weiteres Kernproblem zu verbergen. – Alles richtig, aber das ist schlichtweg eine Frage des Praxismanagements und nichts weiter, schon gar nichts „Politisches“ und keine „grundsätzliche Systemänderung“. Darum hat sich „der“ – in Zukunft besser „die“ – Praxisinhaber seit jeher zu kümmern. Da braucht es keine abgehobenen „Modelle“, das ist Tagesgeschäft mit manageriellem Wissen unterfüttert.

Problem ist jedoch, dass der Handlungszwang von Außen und nicht von Innen kommt. Der Blick des Praxisinhabers ist ja lediglich auf „sein“ Ökosystem beschränkt. Wieso etwas ändern, ist die Nachfrage doch stetig hoch? Von daher wird eine Effizienzsteigerung zum Wohle der bundesweiten ärztlichen Versorgung ohne Anstoß nicht funktionieren, lediglich einige wenige Unternehmer-Ärzte erkennen und ergreifen ihre Chance.

Trefflich in dem Welt-Beitrag ist: Die Aussagen führen deutlich vor Augen, wieso die Aussage „80 Prozent der Landarztpraxen sind nicht nachhaltig zukunftstauglich“, plausibel ist (Stichwort: Einzelpraxis als Auslaufmodell). Terminabsprachen per Telefon sind dem Autor zufolge natürlich ebenso überholt, aber zurück zur Realität: Viele Arztpraxen auf dem Lande haben heute noch keinen dazu notwendigen Internet-Auftritt: Also Effizienz dank „Online-Transparenz“ mittels einer sich laufenden aktualisierenden Terminvergabe ausgeschlossen. – Übrigens, um den Kreis zu schließen: Wie kann sich da ein Nachfolger bei Abgeber-Ärzten erfolgreich über dessen Praxis informieren?

Hier geht es zur Publikation: Wie ist dem Ärztemangel auf dem Lande zu begegnen?