GKV-Finanzstabilisierungsgesetz
Gesetzesentwurf von Bundesgesundheitsminister Lauterbach wird den Hausärztemangel weiter verschärfen
7. Oktober 2022
Regionales Versorgungszentrum
Alles unter einem Dach: Fünftes Regionales Versorgungszentrum in Rehren eröffnet
15. November 2022

Studie: Ärzte sehen überdurchschnittliche Qualität der Versorgung in MVZ

Ärzte kommunales MVZ

Ärztinnen und Ärzte in Medizinischen Versorgungszentren (MVZ) mit Kapitalbeteiligung bewerten Versorgung in MVZ in Befragung als überdurchschnittlich.

Am 6. Oktober präsentierte der Bundesverband der Betreiber medizinischer Versorgungszentren e.V. (BBMV) in Berlin die Ergebnisse einer Studie unter angestellten Ärztinnen und Ärzten in Medizinischen Versorgungszentren (MVZ). Im Fokus standen hierbei MVZ mit Kapitalbeteiligung, d.h. unter Beteiligung von (privaten) Investoren.

Über die Studie

Die Studie „MVZ mit Kapitalbeteiligung im Meinungsbild der dort beschäftigten Ärztinnen und Ärzte: Ergebnisse einer Befragung aus dem Jahr 2022“ haben Prof. Dr. Günter Neubauer, Dr. Christof Minartz, Christina Niedermeier, M.P.H., und Sabine Radeck-Knorre, MA, vom Institut für Gesundheitsökonomik (IfG) München für den Bundesverband der Betreiber medizinischer Versorgungszentren e. V. (BBMV) erstellt. Dazu wurden im zweiten Quartal 2022 online 180 Ärztinnen und Ärzte von BBMV-Mitglieds-MVZ anonym befragt.

Ergebnisse im Kurz-Überblick

67 Prozent der befragten Ärzte bewerteten hierbei die Versorgungsqualität der Patienten in ihrem MVZ als überdurchschnittlich. Demnach sehen die Befragten viele Vorteile gegenüber der Tätigkeit in einer inhabergeführten Praxis – für sich und die Patienten. Der Studie zufolge sind die angestellten Ärzte hoch zufrieden mit ihrer Tätigkeit, was zu einer hohen Arbeitsmotivation führt. Von der Arbeitsorganisation ohne administrative Aufgaben profitieren auch die Patienten: Rund 59 Prozent der Befragten geben an, dass sie jetzt mehr Zeit für ihre Patienten haben als in einer selbständigen Praxis, 30 Prozent der Teilnehmenden sprechen von einer Verbesserung der Versorgung im Vergleich zur vorherigen Tätigkeit. 

„Die Befragung belegt, dass sich MVZ auch in Trägerschaft Privater Kapitalgeber ausgesprochen positiv auf die ärztliche Tätigkeit auswirken, was letztlich vor allem den Patientinnen und Patienten nutzt“, sagt Sibylle Stauch-Eckmann, Vorsitzende des BBMV. „Dies unterstreicht, dass die Ärztinnen und Ärzte mit diesen MVZ-Gesellschaften eine qualitativ hochwertige und wohnortnahe Versorgung anbieten“.

Bessere Teamarbeit und fachlicher Austausch in MVZ 

Medizinische Versorgungszentren spielen eine wichtige Rolle im Gesundheitssystem: Seit der Etablierung von MVZ in Deutschland im Jahr 2004 hat sich deren Zahl laut Kassenärztlicher Bundesvereinigung bis Ende 2020 rasch auf 3.846 erhöht. Die Studie des IfG ergibt, dass MVZ vor allem für junge Ärztinnen und Ärzte sehr attraktiv sind. 

Die befragten Ärztinnen und Ärzte in MVZ mit Kapitalbeteiligung geben als Gründe für ihre Tätigkeit dort die Möglichkeit zur Arbeit im Team und den fachlichen Austausch an (54 %), dies trifft insbesondere auf die Befragten bis 55 Jahre zu (57 %), auch unter den Frauen ist dieser Anteil besonders hoch (67 %). Als weitere Gründe für eine Anstellung in einem MVZ werden „kein Investitionsrisiko“ (52 %) und „geregelte Arbeitszeiten“ (48 %) genannt. Auch diese beiden Gründe waren für die bis 55-Jährigen wichtiger als für die älteren. Im Unterschied zu inhabergeführten Einzelpraxen, in denen selbständige Ärztinnen und Ärzte auch die betriebswirtschaftliche Verantwortung tragen, sind Ärztinnen und Ärzte in MVZ angestellt und damit frei von unternehmerischen Tätigkeiten. Die ärztliche Leitung in MVZ sowie alle angestellten Ärztinnen und Ärzte sind in ihrer Arbeit weisungsfrei.

Quelle: Institut für Gesundheitsökonomik, eigene Darstellung

Differenziert man die Antworten nach Geschlecht, so zeigt sich, dass für Frauen vor allem das Arbeiten im Team/der fachliche Austausch, die Vereinbarkeit von Familie und Beruf, geregelte Arbeitszeiten und das nicht vorhandene Investitionsrisiko den Arbeitsplatz im MVZ attraktiv machen, wohingegen die Höhe des Gehaltes eine wesentlich weniger große Rolle spielt als bei Männern. Für die Männer sind ebenfalls das fehlende Investitionsrisiko, geregelte Arbeitszeiten und ein geringerer administrativer Aufwand wichtige Gründe für eine Anstellung in einem MVZ. (Lesen Sie auch: Sind kommunale MVZ Zuschussbetriebe?)

Die hohe Präferenz von Ärztinnen für Teamarbeit begünstigt die MVZ als Arbeitgeber gegenüber inhabergeführten Praxen, da MVZ oft fachübergreifend und mit mehreren Ärzten besetzt sind. 

Bei einer weiteren Differenzierung der Antworten nach der vorherigen Tätigkeit der Ärzten fällt besonders auf, dass für Ärzte, die vorher selbständig in einer Niederlassung praktiziert haben, das fehlende Investitionsrisiko und der geringere administrative Aufwand die Arbeit im MVZ attraktiv machen, während Ärzte, die aus einem Angestelltenstatus in das MVZ gewechselt sind, die Teamarbeit und den damit verbundenen fachlichen Austausch als wichtigsten Beweggrund nannten, dicht gefolgt von geregelten Arbeitszeiten und dem nicht vorhandenen Investitionsrisiko, das ein MVZ bieten kann. (Lesen Sie auch: Hausärztemangel – Prognose bis 2035)

Quelle: Institut für Gesundheitsökonomik, eigene Darstellung

Die oben beschriebenen ärztlichen Präferenzen können MVZ mit Kapitalbeteiligung im besonderen Maße erfüllen. Zu den Vorteilen, die MVZ bieten, gehören vor allem das Fehlen eines Investitionsrisikos für die Beschäftigten, geregelte Arbeitszeiten, sowie ein geringerer administrativer Aufwand. Ein dominanter Vorteil für alle Ärzte unabhängig von Alter, Geschlecht und vorheriger Tätigkeit ist die Teamarbeit, die mit engem fachlichen Austausch verbunden ist. 

Dieser Aspekt wird vor allem von Ärztinnen hoch eingeschätzt, was bei dem wachsenden Anteil an Frauen im Arztberuf dem MVZ als Arbeitgeber langfristig einen Vorteil verschafft. 

Hohe Zufriedenheit mit Tätigkeit und Arbeitsumfeld in MVZ 

Die deutlich überwiegende Mehrheit der Befragten ist mit der ärztlichen Tätigkeit im MVZ zufrieden (76 %). Auch ihre Work-Life-Balance schätzt die überwiegende Zahl der Ärztinnen und Ärzte als gut ein (71 %). Auch bei den Fort- und Weiterbildungsmöglichkeiten überwiegt die Zufriedenheit (58 %). Mit der technischen Ausstattung der MVZ ist die deutlich überwiegende Mehrheit der Teilnehmenden an der Studie zufrieden (75 %), das sagen insbesondere die vorher in einer selbständigen Niederlassung Tätigen (81 %). „Wir sehen seit Jahren, dass immer mehr Patientinnen und Patienten die MVZ unserer BBMV-Mitglieder aufsuchen und sich dort bestens behandelt und gut aufgehoben fühlen. Neben der modernen Medizintechnik und Ausstattung ist dafür vor allem die hervorragende medizinische Arbeit und die hohe Motivation der Ärztinnen und Ärzte in einem sehr guten Arbeitsumfeld ausschlaggebend“, sagt die BBMV-Vorsitzende Stauch-Eckmann.

Versorgungsqualität

Bei der von den Ärztinnen und Ärzten insgesamt (67 %) als überdurchschnittlich bewerteten Versorgungsqualität der Patientinnen und Patienten in den MVZ mit Kapitalbeteiligung ist besonders ein Vergleich interessant: 78 Prozent der zuvor in einer selbständigen Niederlassung Tätigen schätzen die Qualität im MVZ als überdurchschnittlich ein. Dies widerspricht Vorwürfen, dass in MVZ mit Kapitalbeteiligung die Versorgungsqualität aus ökonomischen Gründen schlechter sei. Außerdem bewerten die Teilnehmenden die Chancen, den ärztlichen Qualitätsanspruch zu verwirklichen, in den MVZ als besser gegenüber Einzelpraxen (60 %). „Die Zahlen zur Behandlungszeit und zur Versorgungsqualität zeigen ganz klar: Dadurch, dass die Ärztinnen und Ärzte in den MVZ […] von unternehmerischen, bürokratischen und organisatorischen Aufgaben weitestgehend befreit sind, können sie sich besser ihrer eigentlichen Aufgabe widmen – der Behandlung ihrer Patientinnen und Patienten“, sagt die BBMV-Vorsitzende Stauch-Eckmann.

Quelle: Institut für Gesundheitsökonomik, eigene Darstellung

In einem zeitlich passenden offenen Brief von rd. 90 ärztlichen MVZ-Leiterinnen und -Leitern an den Präsidenten der Bundesärztekammer und den KBV-Vorstand, werden diese aufgefordert die Verunglimpfung der MVZ-Ärzte einzustellen und zu einer sachlichen und faktenbasierten Diskussion zurückzukehren. Wörtlich heißt es: „Wir stehen dafür ein, dass die ärztliche Unabhängigkeit in medizinischen Entscheidungen gewahrt ist – unabhängig davon, ob der Träger oder Inhaber des MVZ eine Gruppe von Ärztinnen und Ärzten, ein Krankenhaus oder eine Beteiligungsgesellschaft ist. Wir verwahren uns gegen Äußerungen, die den Anschein erwecken, wir würden dieser Aufgabe nicht nachkommen.“ (Lesen Sie auch: Gesetzesentwurf von Bundesgesundheitsminister Lauterbach wird den Hausärztemangel weiter verschärfen)

Die BBMV-Vorsitzende Sibylle Stauch-Eckmann betont: „Es ist nicht hinnehmbar, dass die ärztliche Tätigkeit der Kolleginnen und Kollegen allein aufgrund der Organisationsform der Praxen diskreditiert wird.“

Die Studienergebnisse finden Sie unter https://www.bbmv.de/positionen/meinungsbild/

Quellen: Bundesverband der Betreiber medizinischer Versorgungszentren e.V., Pressemitteilung vom 06. Oktober 2022; Institut für Gesundheitsökonomik München Studie „Meinungsbilder angestellter Ärztinnen und Ärzte in MVZ mit Kapitalbeteiligung“, Prof. Dr. Günter Neubauer, Dr. Christof Minartz, Christina Niedermeier, Sabine Radeck-Knorre, September 2022