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Bei der Bewältigung des Ärztemangels setzt sich Bayern 2019 wohl an die Spitze

In Deutschland fehlen Allgemeinmediziner. Bis 2030 scheidet voraussichtlich etwa die Hälfte der Hausärzte aus dem Berufsleben aus. In diesen Jahren baut sich ein ungedeckter Bedarf an Hausärzten von bundesweit etwa 50 Prozent auf, möglicherweise auch mehr. Dies bedeutet, dass gerade einmal jede zweite Praxis einen Nachfolger findet. Geht der Trend „Hin zur Stadt und nicht auf das Land“ unverändert weiter, heißt dies für selbiges: Es fehlen dort 70 bis 80 Prozent. Anders ausgedrückt: nur in jeder dritten bis fünften Gemeinde kann eine Hausarztpraxis aufrechterhalten werden. In strukturschwachen Gegenden sind es noch deutlich weniger (Stichwort: Weniger Ärzte müssen in Zukunft mehr Medizinisches leisten).

Und was noch hinzukommt: Nicht nur der zahlenmäßige Mangel an Medizinern ist das Problem, sondern sich verändernde Berufsvorstellungen. Junge Nachwuchsmediziner der sogenannten Generation Y bzw. Generation Z haben konkrete Vorstellungen von ihrem späteren Berufsalltag (Stichwort Generation Y). Im Vordergrund stehen dabei die 28-Stunden-Woche, die Work-Life-Balance, das Arbeiten im Team bzw. im Angestelltenverhältnis und das Wohnumfeld. Eine klassische Einzelpraxis auf dem Lande widerspricht alldem. Als kurze Anmerkung sei nur erwähnt, dass rund 95% aller Hausarztpraxen auf dem Lande eine solche Einzelpraxis sind.

Das Problem wird sich also nicht von selber lösen. Man muss vor Ort anpacken und die ambulante Versorgung strukturell verändern, um sie so einerseits den Bedürfnissen der nachfolgenden Ärztegenerationen aber auch der geringer vorhandenen „Ressource“ Hausarzt anzupassen.

Das Gesundheitsministerium in München hat den Wandel erkannt

Der Markt von kommunalen Medizinischen Versorgungszentren (MVZ) ist bundesweit mit sieben minimal. Erkennbar ist, dass nach einem ersten kommunalen MVZ in Katzenelnbogen (Rheinland-Pfalz, Link: https://www.zdf.de/politik/laenderspiegel/laenderspiegel-vom-10-februar-2018-100.html) am 1. Januar 2019 ein kommunales MVZ der Marktgemeinde Weilbach, Landkreis Miltenberg, an den Start geht. Eine Multiplikation des MVZ Katzenelnbogen kam im betreffenden Bundesland nicht zustande. Dies auch, da das Thema von höherer politischer Stelle her eher totgeschwiegen, geschweige denn unterstützt wird. Vorreiter in Sachen Transformation der ambulanten ärztlichen Versorgung hin zu effizienteren und zukunftsfähigeren Strukturen werden so alleine gelassen.

Doch es geht auch anders. In München hat man derweilen den notwendigen Wandel im haus- und fachärztlichen Sektor erkannt und ein Gutachten in Auftrag gegeben. Dieses in den nächsten Wochen erscheinende „Ermöglichungs-Gutachten“ zweier Regensburger Professoren wird diese Entwicklung in Bayern weiter befeuern. Doch handelt es sich nicht nur um eine wissenschaftlich fundierte Untersuchung solcher kommunaler Projekte, vielmehr ist auch ein Leitfaden zur Errichtung kommunaler MVZ in Arbeit. Dazu kommt möglicherweise eine Vereinbarung zwischen dem Innenministerium in München und dem Gesundheitsministerium in Nürnberg. Denn die Kommunalaufsicht, welche dem Innenministerium untersteht, muss selbstverständlich in die Entwicklung miteinbezogen werden.

Es ist davon auszugehen, dass zügig weitere Kommunen im Alleingang oder in Kooperation bis spätestens Mitte 2020 ebenfalls eigene Medizinischen Versorgungszentren auf die Beine stellen werden. Die Sorge vor großen und anonymen Praxiseinheiten soll an dieser Stelle kurz aufgegriffen werden: In der Regel arbeiten lediglich zwei bis vier Mediziner in solch einem Land-MVZ.

Ärztemangel: Der Bedarf an Medizinischen Versorgungszentren ist enorm

Tatsache ist, dass in Bayern mit seinen über 2.000 Gemeinden wohl in jeder dritten Kommune in den nächsten 10 bis 12 Jahren bei deutlich weniger Ärzten eine neue, effizientere Struktur der hausärztlichen Versorgung entwickelt werden muss. Von diesen wohl um die 600 bis 800 einzuschätzenden ambulante „Transformations“-Projekten könnten durchaus an die 150 bis 200 kommunale Medizinische Versorgungszentren dabei sein. Wie so etwas „berechnet“ werden kann? Ganz einfach: Bayern hat 71 Landkreise in der die Unternehmerärzte, Landkreiskliniken und sonstige Investoren unterschiedlich zu nachhaltigen Lösungen in Richtung Mehrbehandlerpraxen „aufgestellt“ sind. Pro Landkreis könnten es demzufolge bis 2030 zwischen ein bis fünf kommunale MVZ geben (Stichwort kommunale Initiative).

Hier geht es zur Veranstaltung: „Ärztemangel in Deutschland: Was können Kommunen unternehmen?“