Das Interview für Impulse führte Luise Viktoria Ruß.
Impulse: Herr Schreglmann, wann war für Sie der Zeitpunkt gekommen, an dem Sie wussten, dass sich die Stadt selbst um das Thema ärztliche Versorgung kümmern muss?
Schreglmann: Dass unsere Hausärzte im ländlichen Raum zunehmend überaltern und keine Nachfolge finden, ist in den meisten Rathäusern seit Jahren bekannt. Aber als moderne Stadtverwaltung kümmert man sich mittlerweile um viele Bereiche: Tourismus, Kultur, Schulen, Kindergärten, Infrastruktur. Da hofft man natürlich bis zum Schluss, dass sich das Thema „ärztliche Versorgung“ (so wie in der Vergangenheit auch) von alleine regelt…
Die Stadt Külsheim war bislang bei der hausärztlichen Versorgung gut aufgestellt. Bei rd. 5.300 Einwohnern hatten wir 2 Mehrbehandlerpraxen. Während die eine Praxis bereits an die dritte Generation übergeben worden ist, ist in der zweiten Praxis plötzlich der jüngere Arzt weggebrochen und der ältere Arzt steht kurz vor dem 70. Lebensjahr. Ab da war klar, dass wir uns als Stadtverwaltung um dieses Thema kümmern müssen, sonst steht die halbe Bevölkerung in ein paar Jahren vermutlich ohne ärztliche Versorgung da. (Lesen Sie auch: Gründung kommunaler Medizinischer Gesundheitszentren – Interview)
Impulse: Sie hatten und haben mit dem Rückzug der Bundeswehr und der Konversion der ehemaligen Prinz-Eugen-Kaserne als Stadt ein „riesen“ Projekt zu bewältigen. Woher kam der Impuls, das Thema einer wohnortnahen ärztlichen Versorgung in das Projekt zu integrieren?
Schreglmann: Zunächst hatten wir die Idee, das Projekt in der Innenstadt umzusetzen, weil eine Arztpraxis ist immer auch ein Frequenzbringer. Damit hätten wir gerne den Einzelhandel unterstützt. Külsheim ist aber im historischen Ortskern sehr dicht bebaut, sodass die Themen „Anfahrbarkeit“ oder „Stellplätze“ nicht optimal gelöst werden konnten. Daher war die vorteilhafteste Lösung, das Projekt in der ehem. Kaserne umzusetzen. Die Stadt hat das rd. 53 ha große, unmittelbar an die Stadt angrenzende Areal vor Jahren vom Bund erworben und zu einem modernen Gewerbepark umgenutzt. Hier haben wir die Möglichkeit, vorhandene Bausubstanz umzubauen und über das Sanierungsprogramm auch finanziell zu unterstützen. Stellplätze sind ausreichend vorhanden. Zudem haben wir im Umkreis des Projekts in den letzten Jahren schon Einrichtungen angesiedelt, wie eine Tagespflege für Senioren, Praxen von Krankengymnasten oder einen neuen Einkaufsmarkt. Da passt ein MVZ sehr gut dazu.
Impulse: Sie sind in der beneidenswerten Lage, dass Sie auf das Engagement einer bestehenden Mehrbehandlerpraxis zurückgreifen konnten. Warum war das Thema ‚Sicherung der hausärztlichen Versorgung‘ trotzdem kein „Alleinläufer“?
Schreglmann: Bei einem derartigen Projekt haben sie immer viele Mitspieler, mit denen sie zusammenarbeiten müssen. Da ist es schon wichtig, von Anfang an alle mitzunehmen und auch immer auf dem Laufenden zu halten. Da gibt es zahlreiche Gespräche und auch Punkte von Seiten der Verwaltung abzuarbeiten. Das Engagement der vorhandenen Mehrbehandlerpraxis ist für die Stadt Külsheim natürlich ein großer Glücksfall. Ein Alleinläufer ist das Projekt aber bei weitem damit nicht. Da ist es sehr hilfreich gewesen, das Büro Dostal & Partner von Anfang an mit einzuschalten.
Impulse: Nach aktuellem Stand ist das Projekt „Ausbau der hausärztlichen Versorgung“ ja gelungen. Was waren im Rückblick die wichtigsten Kriterien für Erfolg bzw. Misserfolg?
Schreglmann: Das Projekt ist zwar noch nicht umgesetzt, aber alle Ampeln stehen auf grün und der Zug hat volle Fahrt aufgenommen. Letztendlich hat der Erfolg viele Mütter und Väter: Wir haben das Glück, dass die vorhandene Mehrbehandlerpraxis sich für die Gesundheit der hiesigen Bevölkerung verantwortlich fühlt. Diese Familie stellt jetzt schon in der dritten Generation die medizinische Versorgung bei uns sicher und ist bereit, für dieses Projekt eine stolze Summe zu investieren. Von Seiten der Stadt Külsheim waren wir in der Lage, ein vorhandenes, ideal gelegenes Gebäude zu einem günstigen Preis anzubieten und zusätzlich das Projekt mit einem Sanierungszuschuss zu unterstützen. Für einen Erfolg brauchen sie beides: Ein Gebäude und Ärzte und das hat bei uns alles gut zusammengepasst.
Impulse: Welche Herangehensweise empfehlen Sie Ihren Kolleginnen und Kollegen? Das Thema nimmt bundesweit an Relevanz immer weiter zu.
Schreglmann: Wichtig ist, möglichst frühzeitig mit seinen Ärzten vor Ort ins Gespräch zu kommen und sie von Anfang an mit einzubinden. Dies ist in kleineren Kommunen oft leichter als in größeren Städten. Damit lässt sich so ein Projekt wesentlich leichter umsetzen. (Lesen Sie auch: Der Sicherstellungsauftrag der Kassenärztlichen Vereinigung wiegt in falscher Sicherheit)
Impulse: Herr Schreglmann, herzlichen Dank für das interessante Gespräch!
Weitere informative Beiträge zu den Themen moderne medizinische Versorgung und Bewältigung des Ärztemangels finden Sie in unserem Magazin Impulse